Dezember 21, 2020

Viele Keynote-Speaker, möchten gerne in lokalen und überregionalen Medien präsent sein, und laden deshalb Journalisten zu ihren Vorträgen ein.

Der erfahrene Wirtschaftsjournalist und Redaktionsleiter, Ulrich Pfaffenberger schildert in diesem Artikel, exclusiv für den Rednermacher, seine Erfahrungen aus vier Jahrzehnten als Gast bei Vortragsveranstaltungen:

Ich rede, ihr hört zu

Er steht oben im Rampenlicht, der Rest der Veranstaltung dämmert im abgedunkelten Saal vor sich hin. Wer in dieser Situation keinen Draht zum Publikum aufbaut oder zu keiner Interaktion fähig ist, macht medial keinen Stich. Beim Frontalunterricht passiert: nichts, jedenfalls nicht erwähnenswertes. Jeder Journalist ist heute gefordert, den Dialog mit der Leserschaft zu führen. Redner, die dies unterlassen, sind von gestern und damit kein Thema in der Zeitung/auf der Portalseite von morgen.

Die Dreiteiler

Dampfplauderer, Spaßkönige und „Damals, als ich…“-Romantiker haben den Abschreckungseffekt eines langjährigen Gefängnisaufenthalts. Die Gliederung ihrer Vorträge ist immer gleich: Zuerst finden sie keinen Einstieg, dann keinen Zusammenhang, zuletzt auch noch kein Ende. Der klassische Dreiteiler eines unmotivierten Redners endet bestenfalls im Zufallsfund: Irgendein zitabler Satz wird schon dabei sein. Zur Zierde und Ehre des Veranstalters wird er in den Augen eines erwartungsvollen Journalisten auf jeden Fall nicht.

Zuhörer sind keine Suchmaschine

Wir alle haben inzwischen gelernt, dass Texte, die bei Google & Co. weit oben gerankt werden sollen, vom gleichmäßigen Einstreuen einiger weniger Buzz-Words profitieren. Journalisten, die regelmäßig zu Terminen mit Vorträgen gehen, haben diese Begriffe (und ihre Vorgänger) alle schon gehört: Innovation, Motivation, Work-Life-Balance, Herausforderung, Dialogorientierung – die ganze Input-Output-Ratio der Phrasendreschmaschine (In Wikipedia nachzulesen unter: Bull-Shit-Bingo), auf die Auftraggeber angeblich so abfahren. Um mit Majestix zu sprechen: Sie machen müde, unheimlich müde. Wer wache Zuhörer will, sollte mit seinem Redner originelle und maßgeschneiderte Buzz-Words definieren, die zeigen, wie einzigartig der eigene Laden ist.

Staubwischer inklusive

Da hat man dem Gastredner mit auf den Weg gegeben, er möge doch einige Bezüge zum gastgebenden Unternehmen in seinen Vortrag einflechten: „Ein bisschen Firmengeschichte, den visionären Gründer, Sie verstehen schon…“ Man drückt dem Mann eine Firmenchronik in die Hand und ein Grußwort vom Landrat zum 100jährigen. Der lässt sich des lieben Geldes wegen darauf ein. So viel Getränke kann man gar nicht reichen, wie die Zuhörer da beim Staubschlucken verdörren.

A g`mahts Wieserl

Der Keynote-Speaker stürmt als letzter in der Reihe der Redner auf die Bühne, versprüht gute Laune und geht gleich medias in res. Das Dummer nur: Weil er samt Profession und Weltkarriere schon vorher groß im Programm angekündigt war, haben alle, die vor ihm ans Mikro durften, schon die ganze Phrasenwiese Luftfahrt, Fußball und Plato abgemäht. Das hat der Redner, kurz vorher angereist, alles nicht mitbekommen und drückt unfreiwillig die Repeat-Taste. Gut, dass ich Spiele auf dem Handy habe.

Schlag nach bei Zitate.de

Oder bei Wikiquote. Dem nächsten, der die Geschichte von Saint Exupery erzählt, wie man ein Volk zu Seefahrern macht, beschieße ich mit einer Wasserpistole. Wahlweise werfe ich ihm einen Sextanten ans Hirn. Außerdem mache ich darauf aufmerksam, dass ich Mark Twain so sehr schätze, dass ich seine Zitate nur von ihm selbst hören möchte. Alles andere ist Störung der Grabesruhe und wird mit Nichterwähnung in meinen Artikeln bestraft. Eigene Gedankenschöpfungen dagegen werden gern genommen. Sie sind ja so selten.

Aus meiner Erfahrung kann ich die Ausführungen von Ulrich Pfaffenberger nur bestätigen. Aber es gibt auch viele positive Beispiele: Vorträge, bei denen die Dramaturgie stimmt, Lacher perfekt sitzen und die Zuschauer auf hintergründige und humorvolle Weise etwas lernen.

Bei der Dramaturgie einer Rede ist es wie bei einem guten Krimi; man braucht ein Drehbuch. Aus meiner Erfahrung heraus haben sich die besten Redner der Branche dazu unterstützen lassen. Mein abschließender Tipp für Keynote-Speker: Lassen Sie sich von einem erfahrenen Regisseur oder Dramaturgen coachen. Hier eine Übersicht erfahrener Dienstleister gibt es auf meiner Partnerseite.

Journalist Ulrich Pffaenberger und der Rednermacher
Wirtschaftsjournalist Ulrich Pfaffenberger im Gespräch mit dem Rednermacher